Wie gehts? Eine Hommage an die Emotion.

Wie geht’s dir?

Diese Frage stellen und beantworten wir uns gegenseitig täglich ganz automatisch ohne großen gedanklichen Aufwand zu betreiben. Jedoch ist sie oft nicht mehr als eine soziale Floskel, mit der wir uns nicht weiter auseinander setzen.

Wenn du dir die Frage nun aber mal ernsthaft für dich beantworten möchtest, auf welche Informationen greifst du – bewusst oder unbewusst – zurück? Was steckt eigentlich hinter Gefühlen und Emotionen?

Diese Frage wollen wir euch hier beantworten:

Emotionen sind innere Empfindungen, die als angenehm oder unangenehm sowie mehr oder weniger bewusst wahrgenommen werden. Je nach Betrachtungsebene kann man 3 unterschiedliche Komponenten unterscheiden:

  1. körperliche Empfindung – physiologische Erregung wie z.B. Steigerung des Blutdrucks.
  2. kognitive Bewertung – Gedanken, Bilder, Interpretationen, Erinnerungen und Erwartungen.
  3. Handlungstendenz – z.B. Kampf oder Fluchtbereitschaft, lachen oder weinen.

Doch warum haben wir überhaupt Emotionen? Welche Funktion haben diese? Wäre es nicht toll, wenn wir uns einfach immer gut fühlen würden?

Emotionen dienen uns unter anderem dazu, dass wir möglichst schnell und automatisch auf gefährliche, komplexe oder unüberschaubare Situationen und Reize reagieren können.

Wenn wir nur positive Emotionen wollten, wäre unsere Spezies schon vor langer Zeit ausgestorben.

Martin Seligman

Evolutionsbiologisch haben sich negativ konnotierte Emotionen wie „Angst“ und „Ärger“ entwickelt, um unseren Organismus bestmöglich auf eine bedrohliche Situation vorzubereiten. Unsere Aufmerksamkeit wird dabei auf die Bedrohung hin verengt, wir befinden uns im sogenannten Tunnelblick und in kürzester Zeit werden hohe Energiereserven mobilisiert.

Positive Emotionen dagegen erweitern unsere Aufmerksamkeit und unser Handlungsrepertoire, erhöhen unsere Kreativität und Offenheit, erleichtern Kooperation und machen bedrohliche Informationen verdaubarer.

Emotionen organisieren also unser Verhalten. Sie haben Motivationscharakter, steuern unsere Aufmerksamkeit und spielen im Bereich des Gedächtnis eine Rolle. Im Angstzustand beispielsweise fallen uns eher Inhalte und Situationen ein, in denen wir in der Vergangenheit ebenfalls Angst verspürt haben. So soll die aktuelle Situation anhand ähnlicher vergangener Erfahrungen eingeschätzt werden. Hier liegt jedoch auch die Gefahr: Habe ich in der Vergangenheit unter Einfluss von Angst oder Ärger bereits dysfunktionale Verhaltensweisen „eingeübt“, werde ich dasselbe Verhalten wahrscheinlich auch zukünftig zeigen – aufgrund der selektiven Erinnerung.

Stelle dir beispielsweise vor, dein/e PartnerIn teilt dir mit, dass sie oder er gerne über ein Problem in eurer Partnerschaft reden möchte.

  1. Du spürst ein beklemmendes Gefühl in deinem Brustkorb, dein Herzschlag und deine Pulsfrequenz erhöhen sich (körperliche Empfindung).
  2. Dir kommen Erinnerungen von vergangenen Situationen hoch, in denen du ein ähnlich beklemmendes Gefühl empfunden hast. Es ist genauso wie damals, als du von deinem/deiner damalige(n) PartnerIn verlassen wurdest. Dies steigert das wahrgenommene Gefühl der Angst vor dem Verlassenwerden noch und bestätigt dich in deiner Annahme, die Situation als kritisch einzuschätzen (kognitive Bewertung).
  3. Du möchtest dieser Situation und diesem unangenehmen Gefühl am liebsten so schnell wie möglich entfliehen (Handlungstendenz).

Läuft dieser Prozess weitgehend unbewusst ab, steuert und verengt das Gefühl der Angst deine Aufmerksamkeit, sowie deine Handlungsoptionen und deine Interpretation der Realität. Dies hat zwar den Vorteil, dass du schnell und automatisch reagieren kannst, ist aber in diesem Fall nicht unbedingt die günstigste Lösung.

Um nicht von Angst überwältigt zu werden, ist es so wichtig, eine Sensibilität für die eigenen Emotionen und Gedanken zu entwickeln, uns selbst besser kennen zulernen. Nur so können unsere Emotionen uns dienen, statt uns zu überwältigen.

Um deine Gefühlswelt und deine Bedürfnisse besser kennen zulernen, haben wir eine einfache Methode entwickelt, ein (Video) Check-In. Morgens und abends nimmst du einen kurzen Check-in auf, sprichst darüber wie es dir geht und trittst somit mit dir in Kontakt. Die Übung steht dir hier als PDF zur Verfügung.

Sie beinhaltet im Kern diese einfachen und sehr effektiven Schritte:

  1. Frage dich morgens nach dem Aufstehen, wie du dich gerade fühlst. Nehme dabei deine körperlichen Empfindungen ebenso wie deine Gedanken zur Kenntnis. Versuche dabei so differenziert wie möglich zu sein. Dafür kannst du z.B. Plutchik´s Wheel of Emotions zur Hilfe nehmen. Was ist in dir gerade lebendig?
  2. Überlege dir, warum du dich so fühlst wie du dich fühlst. Welche (nicht) erfüllten Bedürfnisse stehen hinter deinen Gefühlen? Erweitere auch hier dein Repertoire an möglichen Erklärungen, eine Liste von Befürfnissen findest du z.B. hier.
  3. Frage dich, wie du dich gerne fühlen möchtest und was du tun könntest, um dorthin zu gelangen. Wie könntest du dein Leben heute bewusst schöner gestalten?
  4. Frage dich abends vor dem Schlafengehen noch einmal wie es dir jetzt geht und lasse den Tag Revue passieren. Welche Dinge hast du getan, um dein Leben heute bewusst schöner zu gestalten? Und wie hast du dich dabei gefühlt?

Wichtig dabei ist, dass du das Gefühl, das du spürst, akzeptierst. Alle Emotionen haben ihre Berechtigung und geben unserem Leben die wunderbare Fülle und Vielfalt. Sie können uns als Kompass dienen und wichtige Hinweise geben. Sie sind somit nicht unser Feind, sondern unser Freund und Mentor, wenn wir sie erkennen und zu deuten wissen. Sich gegen eine ungewollte Emotion zu wehren, verstärkt sie nur.

Es gibt keine falschen Emotionen. Nur falsche oder negative Reaktionen.